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Lexikon der Flugzeuge

- Modelle, Technik, Daten, Fakten -

Dassault Falcon 20E: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Kurzbeschreibung:

Die Dassault Falcon 20E, Kennung D-CMET ist für den Forschungseinsatz beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) stark modifiziert worden und wird vom DLR-Flugbetrieb in Oberpfaffenhofen hauptsächlich zur Atmosphärenforschung eingesetzt.

Die internationalen Forscherteams messen Spurengase und Aerosole direkt an Bord und sammeln Luftproben, die anschließend im Labor analysiert werden. Der zweistrahlige Jet basiert auf einem Geschäftsreiseflugzeug der französischen Firma Dassault und fliegt in Höhen bis zu 12.800 Meter.

Das Forschungsflug ist seit 1976 in Betrieb. Seitdem ist es eine der wichtigsten Plattformen deutscher und europäischer flugzeuggetragener Forschung zur Erkundung von Erde und Atmosphäre. In mehr als 30 Jahren Betrieb in der Umwelt- und Klimaforschung hat das Flugzeug eine Spitzenposition unter den europäischen Forschungsflugzeugen eingenommen. Die Falcon 20E spielt deshalb auch eine große Rolle in der europäischen Flotte für Flugzeugforschung EUFAR (EUropean Fleet for Airborne Research), eine Initiative an der sich 28 führende europäische Einrichtungen und Firmen auf dem Gebiet der flugzeugetragenen Forschung beteiligen.

Technische Daten:

Länge: 17,2 m
. 18 m mit Nasenmast
Höhe: 5,32 m
Spannweite: 16,3 m
Flügelfläche 41 m²
Spurweite 3,69 m
Radstand 5,74 m
Kabinenlänge: 5,5 m
Kabinenbreite: 1,7 m
Kabinenhöhe: 1,62 m
Sitzplätze: 10
Leergewicht: 7,53 Tonnen
. (mit Versuchsausrüstung)
Gesamtgewicht: 13,2 Tonnen maximal
Antrieb: 2 x Garrett
Typ TFE 731-5BR-2C
Art Turbojet Triebwerke
Schub: je 20 kN
. kein Umkehrschub
Reichweite: ca.3.700 km
Dienstgipfelhöhe 12.800 m
Höchstgeschwindigkeit 917 km/h
Reisegeschwindigkeit 780 km/h
Überziehgeschwindigkeit 152 km/h
Flugdauer: 5:30 Stunden (Nutzlastabhängig)
Startstrecke 915 m über 15 m Hindernis
Landestrecke 985 m über 15 m Hindernis
Tankkapazität: 3.300 Liter (4,127 Tonnen)
Ursprüngliche Nutzung: Business Jet und Einsatz
. im militärischen Bereich

Fliegendes Labor für die Umwelt- und Klimaforschung:

(Quelle: DLR)

Die Falcon fliegt höher als die meisten Verkehrsflugzeuge, sie ist äußerst robust und wendig, was sogar Messungen in der Nähe von Gewittern oder in nur 30 Metern Entfernung hinter den Triebwerken eines Verkehrsflugzeugs erlaubt. Die Gipfelhöhe der Falcon reicht aus, um in mittleren Breiten die untere Stratosphäre zu erreichen, die seit einigen Jahren im Zusammenhang mit dem Ozonabbau im Brennpunkt der Forschung steht.

Über den Bergen Norwegens wurden beispielsweise polare stratosphärische Wolken vermessen, die zumindest in kalten Wintern maßgeblich zum Ozonabbau beitragen. In den letzten Jahren war die Falcon eines der wichtigsten Großforschungsgeräte des DLR zur Erforschung der Auswirkungen der Emissionen von Flugzeugen auf die Zusammensetzung der Atmosphäre. Ihre einzigartige Modifikation und Ausstattung machen die Falcon zu einer echten Mehrzweckplattform für Forschungsanwendungen, die den individuellen Bedürfnissen entsprechend konfiguriert werden kann.

Modifikationen der Flugzeugstruktur:

An Nutzlast kann die Falcon heute bis zu 1100 Kilogramm an wissenschaftlichen Instrumenten aufnehmen. Die Instrumente werden in- und unterhalb der Kabine sowie unter den Tragflächen installiert. Zu ihnen gehören unter anderem ein Strömungsmessgerät, der so genannte Nasenmast und Antennen, die sich außerhalb des Flugzeugs befestigen lassen.

Für Kameras und LIDAR-Systeme (Light Detection And Ranging), die zur Atmosphärenmessung eingesetzt werden hat die Falcon an der Rumpfober- und -unterseite spezielle optische Fenster. Für Radarantennen kann seitlich ein Fenster durch eine Scheibe ersetzt werden.

Die Avioniksysteme der Falcon werden permanent den ständig steigenden Anforderungen der wissenschaftlichen Experimente sowie der Flugsicherheit angepasst. Dies ermöglicht eine präzise Navigation und den uneingeschränkten weltweiten Einsatz des Flugzeuges.

An der Flugzeugstruktur der Dassault Falcon 20E D-CMET wurden folgende Modifikationen und Anbauten vorgenommen:

  • Nasenmast mit integrierter Strömungssonde für Messungen von Anströmgeschwindigkeit und -richtung
  • Insgesamt drei Spezialfenster im Dach und Boden des Flugzeugrumpfes unter anderem für den Einsatz von LIDAR-Instrumenten zur Atmosphärenmessung. Die unteren Spezialfenster können dabei während Start und Landung durch eine Rolltüre vor Beschädigungen durch Steinschlag geschützt werden. Ein LIDAR sendet einen Laserimpuls aus und empfängt das von der Atmosphäre zurück gestreute Signal. Daraus lassen sich Konzentrationsprofile von Wasserdampf, Ozon oder Aerosolpartikeln oberhalb oder unterhalb der Flughöhe ableiten.
  • Neue Triebwerke mit zusätzlichen elektrischen Generatoren zur Versorgung der Experimente (zwei x 330 Ampere und 28 Volt)
  • vier kleine Öffnungen (acht Zenitmeter Durchmesser) an der Rumpfoberseite
  • vier Befestigungspunkte unterhalb der Tragflächen zum Anbau von Partikelmesssystemen (PMS)
  • Zentraler Befestigungspunkt an der Rumpfunterseite zum Anbau variabler Messbehälter
  • Seitliche Fenster für Infrarot- und Radarantennenen, so genannte Mikrowellen-Messgeräte
  • Befestigungspunkte am unteren Rumpfheck für Radiometer

Missionen und Forschungsschwerpunkte

Messungen zur Entstehung und Struktur arktischer Stürme:

Im Rahmen des Internationalen Polaren Jahres (IPY) 2007/2008 führten Wissenschaftler des DLR-Institutes für Physik der Atmosphäre im Februar 2008 Messungen zur Entstehung und Struktur arktischer Stürme über der norwegischen Barentssee durch. Die Arbeiten sind Teil des von der Universität Oslo (Norwegen), der EUFAR und dem DLR geförderten Projektes IPY-THORPEX.

Ausgerüstet war die Falcon mit modernen Fernerkundungsinstrumenten; einem neuentwickeltem LIDAR, welches zum ersten Mal Aerosol- und Wasserdampfprofile mit allen vier Wellenlängen messen konnte, und dem Doppler-LIDAR, was den Wissenschaftlern Windprofile unterhalb des Flugzeuges lieferte. Das eingesetzte Wasserdampf-LIDAR dient als Vorläuferinstrument für zukünftige Weltraummissionen.

In insgesamt 13 Missionen wurde der Lebenszyklus von polaren Tiefdruckgebieten, arktischen Fronten und orographisch modifizierten Strömungen in Nord-Norwegen und Spitzbergen untersucht. Vergleichbare Messungen sind in der von der Klimaveränderung besonders betroffenen Arktis selten. Die Einzigartigkeit der gewonnenen Daten wird die Wissenschaftler in den nächsten Jahren vor faszinierende Aufgaben stellen.

Kampagne SCOUT - Messungen zum Klimawandel:

Wie wird sich die Zusammensetzung der Atmosphäre und das Klima in der Zukunft weiterentwickeln? Im Rahmen des auf fünf Jahre ausgelegten EU-Projekts SCOUT-03 (Stratospheric-Climate Links with Emphasis on the Upper Troposphere and Lower Stratosphere) gehen Wissenschaftler des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre, Mitarbeiter des DLR-Flugbetriebs, 60 europäische Forschungsinstitute und Universitäten in Europa diesen Fragen auf den Grund. Zusammen mit den internationalen Partnern führte das DLR bei einem Feldexperiment in Australien im November 2005 umfangreiche Messungen mit der Falcon durch.

Eines der Ziele der Kampagne war es, den Beweis zu erbringen, dass Aerosole in tropischen Gewittern von den bodennahen Schichten bis in die Stratosphäre in Höhen über 18 Kilometern transportiert werden. Dort verbleiben diese Spurenstoffe über viele Jahre, werden rund um den Erdball verteilt und beeinflussen die Ozonschicht.